In der Nacht sind alle Katzen grau, so sagt man. Die Abwesenheit von Licht lässt die Farben für gewöhnlich verschwinden. Ein anderes Bild von der Nacht zeigen die im Mai 2013 entstandenen Aufnahmen von Daniel Schlindwein. Grün-gelblich gefärbt zeigen die einen Bilder die Nacht, andere lassen sie Bernsteinfarben erscheinen. Die Farbigkeit lässt auf eine irgendwie geartete Lichtquelle schließen. Doch die Bilder geben ihre Lichtquelle nicht preis, zu einheitlich zieht sich die Farbe über das ganze Blatt. Das klare Gelb-Grün, leicht ins Giftige driftend, ist ein anderes als jenes matte Grün, das Nachtsichtgeräte bereitstellen würden, wie der Künstler-Fotograf Thomas Ruff eindringlich gezeigt hat. Die Auffälligkeit der Farbe in Schlindweins Aufnahmen rührt daher, dass man sie mit den abgebildeten Gegenständen, bei (Tages-)Licht besehen, kaum in Zusammenhang bringen würde.
Lange hat sich Schlindwein mit dem Thema Landschaft auseinandergesetzt. Die hier vorliegenden Motive fand er in einer sehr speziellen Umgebung, in den Kieswerken von Kehl-Goldscheuer, Altenheim, Ichenheim und Meißenheim, in der mittleren Ortenau, den Rhein entlang. Mit sensiblem Auge für eine dezidierte Bildgestaltung integriert er Schattenwürfe, Lichteinfälle, Bodenstrukturen, so dass die Aufnahmen ein reizvolles Eigenleben entfalten. Der eigentliche Gegenstand der Darstellung, Kieselsteine, Bodenerhebungen, Wasserrinnsale, Wasserlachen, Gesträuch und Sandhaufen, tritt in seiner Gegenständlichkeit hinter die Bildgestaltung zurück und wird kaum mehr in seinen gegenständlichen Eigenschaften wahrgenommen. Zumindest geht der Gegenstand mit der Bildlichkeit ein symbiotisches Verhältnis ein. Die Schattenspiele und Strukturen erhalten in der Komposition den gleichen Rang wie der Gegenstand, der nur noch Mittel zum Zweck ist und der künstlerischen Absicht dient.
Während Schlindwein in früheren Aufnahmen Direktheit und Unmittelbarkeit zum Ausdruck brachte wie in der Serie „An eine Landschaft“, zeugen die neuen Arbeiten von einer großen Versiertheit und Subtilität im Umgang mit den künstlerischen Mitteln. Sie thematisieren eine Lebendigkeit in jenen nächtlichen Momenten, während alles andere ruht.
Daniel Schlindwein (*1980 in Gengenbach) erhielt seine Ausbildung an der Fachhochschule Bielefeld, Abteilung Fotografie und lebt seit 2010 als freischaffender Künstler in Gengenbach. Er ist Mitglied im Künstlerkreis Ortenau und im BBK Südbaden.
Text von Dr. Susanne Ramm-Weber, Kunstwissenschaftlerin und Slavistin, Offenburg
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